Die Glasblaeserin by Petra Durst-Benning

Die Glasblaeserin by Petra Durst-Benning

Autor:Petra Durst-Benning
Die sprache: de
Format: mobi
ISBN: 9783843700290
Herausgeber: Ullstein
veröffentlicht: 2011-08-31T13:34:47+00:00


37

So karg das letztjährige Weihnachtsfest ausgefallen war – dieses Jahr lagen unter Maries prachtvollem Weihnachtsbaum eine stattliche Anzahl kleiner Päckchen. Die drei hatten mit dem Auspacken der Geschenke auf Ruth gewartet. Doch nachdem sie sich gesetzt und sich jeder nach ihrem Wohlbefinden erkundigt hatte, wollte niemand länger warten. Peters Geschenke waren die ersten, die geöffnet werden sollten.

Einen Moment lang war nur das Rascheln des Papiers zu hören.

»Sicher ist es etwas für das Kind«, sagte Ruth, während sie sich an der Verpackung zu schaffen machte.

Johanna ließ ihr eigenes Päckchen sinken.

»Und wenn es so wäre?« Sie dachte an ihre eigenen Geschenke für Ruth, allesamt Säuglingswäsche. »Würdest du dich denn nicht darüber freuen?«

»Peter!« Ruth stieß einen kleinen Schrei aus, sie schien Johannas Frage gar nicht gehört zu haben.

»Das kann ich nicht annehmen. Bist du etwa über Nacht reich geworden?« Mit offenem Mund hielt sie eine Schatulle in die Höhe: In rosa Seidenstoff eingebettet lagen eine Bürste, ein Kamm und ein Nagelpolierkissen. Johanna sah auf den ersten Blick, dass alle Teile einen echt silbernen Griff hatten, der fein ziseliert war. »So etwas habe ich mir schon immer gewünscht. Woher wusstest du das?«

Peter zuckte nur mit den Schultern. »Ich kenne halt meine Steinmänner. Und ich habe mir gedacht, dass du wahrscheinlich von allen anderen genug für dein Kind bekommen wirst.«

»Vielen, vielen Dank!« Ruth strahlte. »Wenn das Thomas sieht! Der Arme war ganz unglücklich, weil ihm mein Weihnachtsgeschenk solches Kopfzerbrechen gemacht hatte!«

»Und was hast du nun von ihm bekommen?«, wollte Johanna wissen. Nur zu gut war ihr noch Thomas’ Einfallslosigkeit vom letzten Weihnachtsfest in Erinnerung.

»Eine Wollstola. In Braun!« Ruth zog eine komische Grimasse. »Nicht gerade die Farbe, die ich mir ausgesucht hätte.« Sie zuckte mit den Schultern.

»Peter!«, ertönte nun der nächste Aufschrei. Mehr brachte Marie nicht heraus. Gebannt blätterte sie durch ein dickes, in schlichtes Leinen gebundenes Buch. Nur ungern klappte sie es zu und hielt es so in die Höhe, dass jeder den Titel lesen konnte: Handbuch des künstlerischen Entwurfes.

»Etwas Besseres hättest du für Marie weiß Gott nicht finden können!« Johanna staunte. Peters Geschenke waren nicht nur wertvoll, sondern mit viel Bedacht ausgesucht. Es war sicher nicht leicht gewesen, das Buch für Marie aufzutreiben, sie jedenfalls hatte beim Buchhändler in Sonneberg noch keines dieser Art gesehen.

»Du bist dran!« Peter stieß sie sanft in die Seite.

Johannas Finger zitterten, als sie sich an dem Knoten zu schaffen machte, der die Verpackung ihres Geschenkes zusammenhielt. Plötzlich war sie aufgeregt. Ruths und Maries Geschenke waren sehr persönlich gewesen. Sie konnte sich um nichts in der Welt vorstellen, was Peter für sie ausgesucht hatte. Die Form des Päckchens gab ihr auch keinen Hinweis. Der Gedanke, dass in der viereckigen Schachtel womöglich ein Federhalter oder ein Buch für geschäftliche Notizen liegen könnte, erfüllte sie plötzlich mit unerklärlichem Unbehagen. Endlich löste sich der Knoten, woraufhin das Papier wie von selbst abfiel.

»Ein Weltatlas?« Erstaunt schaute sie auf.

»Ein Atlas?«, wiederholte Ruth. »Was soll das sein?«

Johanna hielt das großformatige Buch in die Höhe.

»Hierin ist … die ganze Welt abgebildet! Schau: Für jeden Kontinent gibt es Karten.



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